Mit Sand und Kies ein Kernkraftwerk ersetzen

2022 werden die letzten Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Der Ausbau regenerativer Energien gilt als wichtiger Baustein für eine nachhaltige und klimaverträgliche Energieversorgung. Gleichzeitig klagen Umweltverbände, Landwirtschaft und Tourismusbranche über die Belegung landwirtschaftlicher Flächen durch breite Photovoltaikanlagen und über die Verfremdung des Landschaftsbildes. Oliver Klauser, Geschäftsführer der Klauser-Wensauer GmbH & Co. – ein familiengeführtes Sand- und Kiesunternehmen aus Asbach-Bäumenheim – bietet eine neue Lösung an. Was Sand und Kies mit regenerativen Energien zu tun haben? Weit mehr, als viele denken.  

Sand für Photovoltaikanlagen essenziell

„Sand und Kies ist der Baustoff unserer modernen Gesellschaft“, sagt Oliver Klauser. „Egal, wie oder wo wir arbeiten und leben. Uns begleitet der Rohstoff auf jedem Schritt.“ Alleine in Bayern werden jedes Jahr um die 85 Millionen Tonnen Sand und Kies gewonnen und verarbeitet. Auch um regenerative Energien zu erzeugen. Angefangen bei der Wasserkraft, die sich der Mensch nutzbar macht: Jedes Wasserkraftwerk braucht ein Fundament, Stauwerke und Einfassungen, um Strom erzeugen zu können. Hierfür wird eine große Menge Beton benötigt und somit auch Sand und Kies. Genauso verhält es sich mit dem Windrad, das heutzutage auf einem Fundament aus 1.300 Kubikmeter Beton steht. Das alleine sind 2.500 Tonnen verarbeiteter Sand und Kies. Denn Beton besteht zu 70% aus den mineralischen Rohstoffen.

Vor allem für Photovoltaikanlagen ist Sand essenziell. Sicherlich könnte man derlei Anlagen ohne Beton aufstellen. Die Photovoltaikzellen selbst bestehen aber aus nichts geringerem als reinem Sand. Was viele nicht wissen: Die Zellen, die das Sonnenlicht einfangen, bestehen aus Silicium, das zu 100 Prozent aus Quarzsand hergestellt wird. Neben Photovoltaikzellen gewinnt man aus Quarzsand auch Glas. Somit besteht jede Fensterscheibe, die in unseren Häusern verbaut ist, ebenfalls aus Sand.

Schwimmender Beton gegen das Flächenproblem

Als vor einigen Jahren der Boom um die Photovoltaikanlagen begann, wurden viele Gebäude nur gebaut, um die großflächigen Anlagen aufzustellen. Lagerhallen auf dem Land standen in den Anfängen oftmals sogar leer und dienten nur der Energiegewinnung auf ihren Dächern. Stimmen, die um das Landschaftsbild in Deutschland fürchteten, wurden laut. Und da kam Oliver Klauser eine Idee.

Bereits vor über vierzehn Jahren hatte er damit begonnen, auf einem der Baggerseen seines Unternehmens, eine Beton-Insel zu installieren. Warum ausgerechnet aus Beton? „Weil ich früher ein hölzernes Badefloß hatte“, erinnert er sich. „Aber es ist immer wieder kaputt gegangen, war glitschig und ist umgekippt. Mein Fachgebiet ist Sand, Kies und Beton. Also habe ich eben daraus eine Beton-Insel konstruiert. Und ja, Beton kann schwimmen.“ Diese Insel mit einer Photovoltaikanlage zu bestücken, erschien Oliver Klauser dann gar nicht mal so verkehrt. Denn jedes Jahr entstehen durch Kieswerke im Lech-Donau-Gebiet neue Wasserflächen, die den Flächenbedarf für die Energiegewinnung durch Sonnenlicht decken können. Bautechnisch nicht sehr aufwändig zu installieren und in der Lage, die entsprechende Leistung zu erzielen, sind die schwimmenden Solar-Inseln für die Energiegewinnung bestens geeignet.

Seine Entwicklung traf jedoch anfangs nicht nur auf Zuspruch. „Wenn man etwas Neues vorstellt, fallen vielen Menschen viele Dinge ein, die dagegensprechen können“, meint Oliver Klauser. „Das fängt mit der Sorge um das Landschaftsbild an und hört bei Gesetzesvorlagen auf, die es für neue Entwicklungen natürlich noch nicht gibt.“ Um alle Zweifel bei Behörden und Verbänden zu zerstreuen, hat Oliver Klauser die Beton-Inseln so konstruiert, dass diese nur sechs Zentimeter aus dem Wasser der künstlichen Baggerseen herausragen.

Herausforderungen der Energiewende

Noch in diesem Jahr möchte Oliver Klauser seine erste genehmigte Photovoltaikanlage in Betrieb nehmen. Und was erhofft er sich in den kommenden Jahren? „Wir bauen im Jahr 85 Millionen Tonnen Sand und Kies in Bayern ab“, meint er. „Die Hälfte davon kommt aus dem Nassbau, sodass immer wieder neue Baggerseen entstehen. Wenn man nur die Hälfte davon mit schwimmenden Photovoltaikanlagen bestückt, könnten wir in acht Jahren ein Kernkraftwerk wie Grundremmingen ersetzen.“ Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wird die Möglichkeit sein, regenerative Energien über längere Zeit speichern zu können. „Mit Photovoltaikanlagen lässt sich an sieben Tagen die Woche Strom produzieren. Doch eine Nutzung der erzeugten Energie mit zeitlicher Verzögerung ist aktuell nur begrenzt möglich.“ Die Entwicklung einer verlässlichen, bedarfsgerechten Speichertechnologie ist für Oliver Klauser deshalb nach wie vor eine der großen Herausforderungen der Energiewende. Sobald dieses Ziel erreicht ist, steht Ideen wie der seinen für eine sauberere Zukunft nichts mehr im Wege.